Beim ersten Anblick glaubt man fast, man sei irgendwo in Norddeutschland oder den Niederlanden gelandet. Enge Gassen, bunte Giebelhäuser, Fachwerk, Torbögen und spitze Dächer – Jakriborg wirkt wie eine mittelalterliche Hansestadt. Doch tatsächlich befindet sich dieses außergewöhnliche Städtchen mitten in Skåne, nur wenige Kilometer südlich von Lund.
Jakriborg ist ein modernes Experiment in traditioneller Hülle – eine neu erbaute Siedlung im Stil der Hansezeit, die gleichzeitig zu den ungewöhnlichsten Wohnorten Schwedens zählt. Sie wurde Ende der 1990er-Jahre auf freiem Feld errichtet – von zwei Brüdern, Jan und Krister Berggren, die sich vornahmen, eine kleine Stadt zu erschaffen, wie man sie heute kaum noch baut.

Eine moderne Stadt im mittelalterlichen Gewand
Die Architekten Robin Manger och Marcus Axelsson entwarfen Jakriborg als eine Hommage an die alte Architektur der Ostsee- und Nordseeküstenstädte – an Orte wie Lübeck, Visby oder Gdansk. Entstanden ist ein Ort mit Schmiedeeisentoren, Kopfsteinpflaster, farbenfrohen Fassaden und verschlungenen Gassen, die eher an ein Freilichtmuseum als an ein Neubaugebiet erinnern.
Doch Jakriborg ist keine Kulisse, sondern ein lebendiger Stadtteil von Hjärup in der Gemeinde Staffanstorp. Heute leben hier einige Hundert Menschen, und jedes Jahr kommen Tausende Besucher, um das „moderne Mittelalter“ zu erleben.

Zwischen Tradition und Kontroverse
Während Besucher das Städtchen für seine gemütliche Atmosphäre lieben, spaltet Jakriborg die Architekturszene. Viele schwedische Architekten kritisieren den Baustil als „Disneyland“ oder „Rückschritt“, weil man in Schweden seit Jahrzehnten fast ausschließlich modernistisch baut. Andere sehen darin jedoch ein erfrischendes Gegenmodell – ein Ort, der zeigt, dass traditionelle Formen und menschliche Maßstäbe auch heute noch funktionieren können.
Und tatsächlich: Wer durch Jakriborg spaziert, spürt schnell, wie viel Charme in kleinen, verwinkelten Straßen und individuellen Häusern liegt. Das Gefühl von Geborgenheit und Gemeinschaft ist hier greifbar.

Ein Spaziergang durch die Gassen
Wir waren selbst dort – und waren überrascht, wie authentisch das alles wirkt. Nur wenige Schritte genügen, um die Hektik der Hauptstraße hinter sich zu lassen. Zwischen bunten Fassaden und kleinen Torbögen fühlt man sich wie in einer Filmkulisse – und doch ist alles echt: Menschen wohnen hier, Kinder spielen auf dem Platz, und aus den Fenstern duftet es nach Abendessen.
In Jakriborg gibt es einen kleinen Lebensmittelladen und eine Pizzeria, die von den Bewohnern gern besucht wird. Viel mehr braucht es hier eigentlich nicht, um den besonderen Charakter des Ortes zu spüren. Das Zentrum mit seinem Platz wirkt fast wie ein Dorfmittelpunkt vergangener Jahrhunderte.

Der Weihnachtsmarkt in Jakriborg
Besonders zauberhaft wird Jakriborg in der Adventszeit. Dann verwandeln sich die kleinen Gassen in ein winterliches Märchenland, wenn der Jakriborgs Julmarknad Besucher aus ganz Skåne anzieht. Zwischen Lichterketten, handgefertigten Kerzen, Keramik, Weihnachtsdekorationen und regionalen Delikatessen wie Käse, Sill und der typischen schwedischen Spettkaka entsteht eine Stimmung, die man so schnell nicht vergisst.
Der Duft von Glögg und gebrannten Mandeln liegt in der Luft, während man durch die Gassen schlendert, kleine Geschenke findet oder einfach das besondere Flair genießt. Die Kulisse der farbenfrohen Häuser macht den Weihnachtsmarkt zu einem der stimmungsvollsten in ganz Südschweden.
So kommt man hin
Jakriborg liegt direkt an der Bahnlinie zwischen Lund und Malmö – ideal für einen kurzen Abstecher oder einen gemütlichen Nachmittagsspaziergang. Von Lund aus dauert die Zugfahrt gerade einmal 4 Minuten, von Malmö nur 9 Minuten. Wer lieber radelt, erreicht Jakriborg in etwa zehn Minuten von Lund und in rund fünfzehn Minuten von Lomma an der Küste.
Parkplätze gibt es direkt vor der „Stadtmauer“, die das Gebiet vom übrigen Hjärup trennt. Schon der Weg durch das Tor ist ein Erlebnis – man fühlt sich, als würde man eine andere Zeit betreten.
Unser Tipp
Wer Jakriborg besucht, sollte den Ausflug unbedingt mit einem Abstecher nach Lund verbinden. Nach einem Spaziergang durch die engen Gassen lohnt sich eine kleine Fika-Pause in einem der vielen charmanten Cafés der Universitätsstadt – und natürlich ein Besuch im beeindruckenden Dom von Lund, einer der schönsten Kathedralen Skandinaviens.

Unser Fazit
Jakriborg ist ein Ort, der überrascht, irritiert und begeistert zugleich. Eine Stadt, die zeigt, dass alte Architektur auch in der Gegenwart lebendig sein kann – mit warmen Farben, klaren Formen und einem Maßstab, der zum Menschen passt.
Wer durch Skåne reist, sollte sich diesen außergewöhnlichen Ort nicht entgehen lassen – ob im Sommer für einen Spaziergang oder im Winter, wenn die Stadt im Lichterglanz des Weihnachtsmarkts erstrahlt.

